Arbeitsverweigerung des Parlaments bei der AHV

Der Nationalrat wird in der aktuellen Sommersession die Renteninitiative beraten. Die Initiative möchte die massiven finanziellen Probleme der AHV in den Griff bekommen.

Eine Politkolumne von Severin Thoma, Vorstandsmitglied Jungfreisinnige Kanton Glarus.

Severin Thoma

Severin Thoma, Vorstandsmitglied Jungfreisinnige Kanton Glarus

Die Ursache ist der demografische Wandel: Wir werden immer älter und beziehen entsprechend länger eine Rente. Seit der Einführung der AHV vor 70 Jahren stieg die Lebenserwartung um 10 Jahre, bei gleichem Rentenalter. Zudem wächst die Zahl der Pensionierten, weil die Babyboom-Generation nun das Rentenalter erreicht. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Erwerbstätigen, weil die Geburtenrate seit Jahrzehnten sinkt. Man hat in Zukunft also mehr Rentner, die länger eine AHV beziehen und weniger Beitragszahler, die diese Renten finanzieren. Die Folge davon ist, dass immer weniger Erwerbstätige einen Rentner finanzieren. Vor 60 Jahren finanzierten noch 6 Erwerbstätige einen Rentner, heute sind es 3.4 und in 30 Jahren werden es nur noch 2 Beitragszahler sein. Es sollte klar sein, dass die Rechnung nicht aufgeht, wenn man 10 Jahre länger eine Rente bezieht, aber immer noch gleich lange einzahlt und immer weniger Erwerbstätige einen Rentner finanzieren müssen.

Die Finanzierung der AHV verschlechtert sich dadurch zunehmend. Bereits jetzt kann man die laufenden Renten nicht finanzieren. Die AHV schrieb 2019 ein Verlust von 1.2 Mrd. In 20 Jahren werden es bereits 16 Mrd. sein. Nach Berechnungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen hat die AHV 2045, trotz AHV21, ein Schuldenloch von 74 Mrd. - ein Defizit in der Grössenordnung des jährlichen Bundesbudgets. Die Renteninitiative schlägt als Lösung für dieses strukturelle Problem eine etappenweise Erhöhung des Rentenalters auf 66 bis 2032 und eine anschliessende Verknüpfung an die Lebenserwartung vor. Dabei soll aber garantiert bleiben, dass man 20% seiner Lebenszeit in Rente verbringen kann und so von der höheren Lebenswartung noch profitiert. Die Lösung ist logisch: Wenn wir länger leben, müssen wir länger arbeiten. Die Alternativen sind die Senkung der Renten oder das Erhöhen von Steuern und Abgaben zugunsten der AHV. Bis 2045 müsste man die Mehrwertsteuer um 4% erhöhen, die Lohnabzüge um 3% erhöhen oder die Renten um 20% senken. Mit dem steigenden Wohlstand und medizinischen Fortschritt werden wir nicht nur älter, sondern bleiben auch länger gesund und so ist es uns auch möglich länger zu arbeiten. Für Berufe, bei denen dies nicht machbar ist, gibt es mit der Sozialpartnerschaft bereits heute Branchenlösungen. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. 

Der Ständerat hat die Initiative bereits abgelehnt. Thomas Hefti war einer der wenigen, der für die Initiative gestimmt hatte. Voraussichtlich wird der Nationalrat an diesem Entscheid nichts ändern und die Initiative ohne Gegenvorschlag ablehnen. Für mich ist dies eine Arbeitsverweigerung des Parlaments. Das Problem ist bekannt, dennoch wird nichts unternommen und unangenehme Fragestellungen auf nach den Wahlen verschoben. Um die AHV langfristig zu sichern, müssen aber jetzt Lösungen gefunden werden. Das Parlament präsentiert keine Lösung und wird auch in den nächsten Jahren höchstens Pflästerlipolitik betreiben.

Wir Jungfreisinnigen schlagen mit der Renteninitiative eine nachhaltige Lösung vor, die voraussichtlich im März vor das Volk kommt.