Gemeindeparlamente im Kanton Glarus?

Vor rund einer Woche war zu lesen, dass in Glarus Nord eine Arbeitsgruppe einstimmig zum Schluss kam, es solle wieder ein Gemeindeparlament eingeführt werden. Diese Anregung ist in ihrer Deutlichkeit bemerkenswert, waren nämlich in der Arbeitsgruppe alle sechs Parteien von Glarus Nord vertreten.

Eine Politkolumne von Rafaela Hug, Präsidentin FDP Glarus Süd.

Rafaela Hug

Es ist also parteiübergreifend klar, dass das heutige System nicht mehr zeitgemäss und die an der Gemeindeversammlung gefällten Entscheide nur noch mässig den Willen der breiten Bevölkerung repräsentieren. Aus meiner Sicht ist die Einführung eines Gemeindeparlaments jedoch nur erfolgversprechend, sofern die folgenden beiden Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. man räumt den Gemeindeparlamenten eine starke Stellung ein und
  2. die Bereitschaft der Bevölkerung zur aktiven Teilhabe am politischen Geschehen nimmt zu.

Das System mit einem Gemeindeparlament kann nur funktionieren, wenn das Parlament im politischen Prozess eine gewichtige Position einnimmt und dementsprechend auch über die hierfür notwendigen Kompetenzen verfügt. Es wäre also angezeigt, auf Gemeindeebene analog das kantonale System einzuführen. Dies beinhaltet vor allem, dass dem Gemeindeparlament eine eigenständige Budgetkompetenz zukommt. Eine starke Stellung des Gemeindeparlaments wäre durchaus auch mit unseren demokratiepolitischen Vorstellungen vereinbar; dessen Mitglieder sind demokratisch gewählt und können sich im parlamentarischen Ablauf sorgfältiger mit einzelnen Themen auseinandersetzen, als dies der Stimmbürger und die Stimmbürgerin im Hinblick auf eine Gemeindeversammlung vermögen. Es lassen sich wohl auch weit eher interessierte Personen für ein Parlament finden, wenn diesem namhafte Befugnisse zukommen.

Doch selbst bei einem Parlament mit politischem Gewicht ist es wohl illusorisch zu glauben, dass die Suche nach Gemeindeparlamentsmitgliedern einfach wäre. Denn leider müssen die Parteien, gerade auch die einzelnen Ortssektionen, vermehrt feststellen, dass die Bereitschaft zur Ausübung eines politischen Amts nur noch wenig ausgeprägt ist. Es muss sich also in unserer Gesellschaft etwas Grundlegendes ändern: eine Bereitwilligkeit zur aktiven Teilhabe am politischen Geschehen hat wieder einzukehren. Unabhängig davon, welche politischen Ansichten man vertreten mag, sollten möglichst viele die eigenen Positionen in den demokratischen Wettbewerb einbringen und so das System, die Gesellschaft oder generell unsere Lebenswelt durch politische Teilhabe aktiv mitgestalten. Ändert sich nichts an der nur noch lauen Bereitschaft zur aktiven Teilnahme am politischen Geschehen, so sind auch die Gemeindeparlamente zum Scheitern verurteilt.